Sonntag, 29. März 2015

Ungli (2014)

Zur Story: Abhay (Randeep Hooda), Maya (Kangana Ranaut), Goti (Neil Bhoopalam) und Kalim (Angad Bedi), vier gebildete junge Menschen aus Mumbai, haben nach einem einschneidenden Erlebnis beschlossen, die überall in ihrer Stadt wuchernde Korruption und die daraus resultierenden Ungerechtigkeiten aktiv zu bekämpfen. Als “Ungli-Gang” führen sie, maskiert und jenseits der Legalität, korrupte Beamte, Politiker etc. öffentlich vor und klagen ihre Machenschaften an. Die Massen jubeln der Gang zu, während die Polizei vergeblich versucht, sie zu ergreifen. Inspector ACP Ashok Kale (Sanjay Dutt) hat schließlich eine Idee, wie man der Gang auf die Spur kommen könnte: Er beauftragt den jungen Polizisten Nikhil (Emraan Hashmi), den Sohn seines verstorbenen Partners und Freundes, sich in die Gang einzuschleusen. Tatsächlich gelingt es Nikhil, Kontakt mit der Gang aufzunehmen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Doch je besser er sie und ihre Motive kennenlernt, desto mehr schwankt er zwischen ihnen und seiner Loyalität zu Kale…

“Ungli” steht im Hindi für den sogenannten Stinkefinger, den Abhay, Maya, Goti und Kalim dem System und der Polizei zeigen. Im Vorfeld des Filmes war häufig zu hören, dass Ungli ein ähnlicher Auf- und Weckruf an die indische Jugend werden sollte wie einst Rang De Basanti, aber für diese Fußstapfen ist Ungli dann doch entschieden zu klein. Das einzige, was einen an jenen großartigen Aamir-Khan-Film denken lässt, ist der Rhythmus des “Dance Basanti” in der - bei manchen Machern offenbar immer noch unvermeidlichen - Item-Nummer (Shraddha Kapoor).

An Sanjay Dutt allein, der für Anil Kapoor eingesprungen war, am Ende jedoch (ähnlich wie bei Zanjeer und Policegiri) kaum noch Zeit hatte, alle Szenen vor seiner Inhaftierung abzudrehen, konnte es nicht gelegen haben, dass Ungli in vielerlei Hinsicht unfertig wirkt. Gerade bei den Aktionen der Gang und ihrem Hintergrund wurde vieles immer nur angerissen, aber nie richtig vertieft; und so manches war schlicht und ergreifend unglaubhaft. Auch der Plot mit Abhay und seiner Journalisten-Kollegin Teesta (Neha Dhupia) hätte viel mehr hergeben können. Kangana Ranaut war völlig verschwendet, auch wenn sie die Maya mit ihrer starken Präsenz natürlich aufwertet. Randeep Hooda gibt den Wortführer der Ungli-Gang mit viel Selbstbewusstsein und Autorität.

Sanjay Dutts ACP Kale ist in dieser Geschichte eigentlich der Gegner der “Guten” - da diese “Guten” aber ungesetzliche Dinge tun, steht an sich er auf der richtigen Seite, zumal er das Musterbeispiel eines gänzlich fleckenfreien, unkorrupten und aufrichtigen Cops ist. Dass bei dieser Konstellation am Ende keiner als Verlierer vom Platz gehen darf, kann man sich denken, aber ganz langweilig wird’s trotzdem nicht, weil man sich zumindest mit der Frage beschäftigen kann, wie die Macher die Gang, den Undercover-Cop und den No-Nonsense-Cop am Ende wohl auf einen Nenner kriegen werden.

Sympathisch an Sanjays Auftritt als ACP Kale ist nicht nur, dass zur Abwechslung endlich mal wieder ganz schlichtes, eher ruhiges Spiel von ihm verlangt wurde (was er ja bestens kann) und dass bei der (einzigen und kurzen) Nahkampfszene zum ersten Mal seit langem die Gegner nicht in Zeitlupe durch die Luft segeln oder unmögliche Schraubensalti drehen - sondern vor allem auch sein Erscheinungsbild: Er hatte keine Skrupel, sich Haare und Schnauzer grau zu tönen und damit mal so richtig “alt” auszusehen. Bravo! Sein Zusammenspiel mit Emraan Hashmi gefällt, und darüber hinaus machen seine Szenen mit alten Weggefährten wie Reema Lagoo und Mahesh Manjrekar Freude. Das kann allerdings nicht darüber hinwegtrösten, dass auch seine und Emraans Rollen von den Machern eher stiefmütterlich behandelt wurden - sehr oberflächlich angelegt, ohne sonderlichen Tiefgang der Charaktere. Und wenn selbst versierte Schauspieler wie Sanjay und Emraan ihren Figuren nicht mehr Konturen abringen können als hier, dann merkt man, wieviel hier gefehlt hat. Mehr jedenfalls als nur Tage oder Stunden am Set.

Ungli ist der Beweis dafür, dass auch Dharma Productions durchaus mal Mittelmaß fabrizieren kann. Der Film ist zwar beileibe kein Fehlschlag, und für zwei Stunden anspruchslose Unterhaltung mit einem Schuss Sozialkritik taugt er allemal, aber er ist eben blass. Und alles andere als der intendierte Weckruf an die Jugend. Die macht es höchstens wie die Leute in dem Film: Sie regen sich pflichtschuldigst auf, jubeln “Ungli-Gang, we love you!”, und das war’s. Und die am Ende propagierten Hoffnungen haben ernsthaft vermutlich nicht mal die Macher selbst. Weil die kein Mensch glaubt.

Produktion: Hiroo Yash Johar, Karan Johar; Regie: Rensil D’Silva
114 Min; DVD: Shemaroo, englische UT (leider ziemlich fehlerhaft); Bonus: Making of the film

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